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Thema: Schaurig ... schön Di 20 Jan 2009 - 8:29
Der Knabe im Geröhre
O schaurig ist's, übers Moor zu gehn, wenn es wimmelt vom Heiderauche, sich wie Phantome die Dünste drehn und die Ranke häkelt am Strauche, unter jedem Tritte ein Quellchen springt, wenn aus der Spalte es zischt und singt, o schaurig ist's, übers Moor zu gehn, wenn das Röhricht knistert im Hauche!
Fest hält die Fibel das zitternde Kind und rennt, als ob man es jage; hohl über die Fläche sauset der Wind - was raschelt drüben am Hage? Das ist der gespenstische Gräberknecht, der dem Meister die besten Torfe verzecht; hu, hu, es bricht wie ein irres Rind! Hinducket das Knäblein zage.
Vom Ufer starret Gestumpf hervor, unheimlich nicket die Föhre, der Knabe rennt, gespannt das Ohr, durch Riesenhalme wie Speere; Und wie es rieselt und knittert drin! Das ist die unselige Spinnerin, das ist die gebannte Spinnlenor' die den Haspel dreht im Geröhre!
Voran, voran! nur immer im Lauf, voran, als woll es ihn holen! Vor seinem Fuße brodelt es auf, es pfeift ihm unter den Sohlen wie eine gespenstige Melodei; das ist der Geigenmann ungetreu das ist der diebische Fiedler Knauf, der den Hochzeitstheller gestohlen.
Da birst das Moor, ein Seufzer geht hervor aus der klaffenden Höhle; weh, weh, da ruft die verdammte Margret: "Ho, ho, meine arme Seele!" Der Knabe springt wie ein wundes Reh; wär nicht Schutzengel in seiner Näh, seine bleichenden Knöchelchen fände spät ein Gräber im Moorgeschwele.
Da mählich gründet der Boden sich, und drüben, neben der Weide, die Lampe flimmert so heimatlich, der Knabe steht an der Scheide. Tief atmet er auf, zum Moor zurück noch immer wirft er den scheuen Blick: Ja, im Geröhr war's fürchterlich, oh, schaurig war's in der Heide!
(Annette von Droste-Hülshoff)
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Gast Gast
Thema: Re: Schaurig ... schön Di 20 Jan 2009 - 9:28
Nicht ganz so schaurig, aber auch schön ...
Nis Randers
Krachen und Heulen und berstende Nacht, Dunkel und Flammen in rasender Jagd - Ein Schrei durch die Brandung!
Und brennt der Himmel, so sieht man's gut: ein Wrack auf der Sandbank! Noch wiegt es die Flut - gleich holt sich's der Abgrund.
Nis Randers lugt - und ohne Hast spricht er: "Da hängt noch ein Mann im Mast! Wir müssen ihn holen."
Da fasst ihn die Mutter: "Du steigst mir nicht ein! Dich will ich behalten, du bliebst mir allein, ich will's, deine Mutter!
Dein Vater ging unter und Momme, mein Sohn; drei Jahre verschollen ist Uwe schon, mein Uwe, mein Uwe!"
Nis tritt auf die Brücke. Die Mutter ihm nach! Er weist nach dem Wrack und spricht gemach: "Und seine Mutter?"
Nun springt er ins Boot und mit Ihm noch sechs: hohes, hartes Friesengewächs - schon sausen die Ruder.
Boot oben, Boot unten, ein Höllentanz! Nun muss es zerschmettern!... Nein, es blieb ganz!... Wie lange? Wie lange?
Mit feurigen Geisseln peitscht das Meer wie menschenfressenden Rosse daher; sie schnauben und schäumen.
Wie hechelnde Hast sie zusammenzwingt! Eins auf den Nacken des andern springt mit stampfenden Hufen!
Drei Wetter zusammen! Nun brennt die Welt! Was da? - Ein Boot, das landwärts hält... Sie sind es! Sie kommen! -
Und Auge und Ohr ins Dunkel gespannt... Still - ruft da nicht einer? - Er schreit's durch die Hand! "Sagt Mutter,'s ist Uwe!"
Otto Ernst
digame
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Thema: Re: Schaurig ... schön Di 20 Jan 2009 - 12:54
Das ist eine meiner Lieblingsballaden, Lixy! Eine packende Geschichte und eine herrliche Sprache! Da sitzt jedes Wort! Noch heute steigt mir beim Lesen das Wasser in die Augen.
Ob Otto Ernst die Klimakatastrophe schon vorhergeahnt hat?
digame
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Thema: Re: Schaurig ... schön Mi 21 Jan 2009 - 11:32
digame
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Thema: Re: Schaurig ... schön Sa 24 Jan 2009 - 8:59
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland
Herr von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland, Ein Birnbaum in seinem Garten stand, Und kam die goldene Herbsteszeit Und die Birnen leuchteten weit und breit, Da stopfte, wenn's Mittag vom Turme scholl, Der von Ribbeck sich beide Taschen voll, Und kam in Pantinen ein Junge daher, So rief er: "Junge, wiste 'ne Beer?" Und kam ein Mädel, so rief er: "Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick hebb 'ne Birn."
So ging es viel Jahre, bis lobesam Der von Ribbeck auf Ribbeck zu sterben kam. Er fühlte sein Ende. 's war Herbsteszeit, Wieder lachten die Birnen weit und breit; Da sagte von Ribbeck: "Ich scheide nun ab. Legt mir eine Birne mit ins Grab." Und drei Tage drauf, aus dem Doppeldachhaus, Trugen von Ribbeck sie hinaus, Alle Bauern und Büdner mit Feiergesicht Sangen "Jesus meine Zuversicht", Und die Kinder klagten, das Herze schwer: "He is dod nu. Wer giwt uns nu 'ne Beer?"
So klagten die Kinder. Das war nicht recht - Ach, sie kannten den alten Ribbeck schlecht; Der neue freilich, der knausert und spart, Hält Park und Birnbaum strenge verwahrt. Aber der alte, vorahnend schon Und voll Mißtraun gegen den eigenen Sohn, Der wußte genau, was damals er tat, Als um eine Birn' ins Grab er bat, Und im dritten Jahr aus dem stillen Haus Ein Birnbaumsprößling sproßt heraus.
Und die Jahre gingen wohl auf und ab, Längst wölbt sich ein Birnbaum über dem Grab, Und in der goldenen Herbsteszeit Leuchtet's wieder weit und breit. Und kommt ein Jung' übern Kirchhof her, So flüstert's im Baume: "Wiste 'ne Beer?" Und kommt ein Mädel, so flüstert's: "Lütt Dirn, Kumm man röwer, ick gew' di 'ne Birn."
So spendet Segen noch immer die Hand Des von Ribbeck auf Ribbeck im Havelland.
(Theodor Fontane)
digame
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Thema: Re: Schaurig ... schön Mi 28 Jan 2009 - 8:28
Die Sehnsüchte der Frauen ...
Am Turme
Ich steh' auf hohem Balkone am Turm, Umstrichen vom schreienden Stare, Und lass' gleich einer Mänade den Sturm Mir wühlen im flatternden Haare; O wilder Geselle, o toller Fant, Ich möchte dich kräftig umschlingen, Und, Sehne an Sehne, zwei Schritte vom Rand Auf Tod und Leben dann ringen!
Und drunten seh' ich am Strand, so frisch Wie spielende Doggen, die Wellen Sich tummeln rings mit Geklaff und Gezisch, Und glänzende Flocken schnellen. O, springen möcht' ich hinein alsbald, Recht in die tobende Meute, Und jagen durch den korallenen Wald Das Walroß, die lustige Beute!
Und drüben seh ich ein Wimpel wehn So keck wie eine Standarte, Seh auf und nieder den Kiel sich drehn Von meiner luftigen Warte; O, sitzen möcht' ich im kämpfenden Schiff, Das Steuerruder ergreifen, Und zischend über das brandende Riff Wie eine Seemöve streifen.
Wär' ich ein Jäger auf freier Flur, Ein Stück nur von einem Soldaten, Wär' ich ein Mann doch mindestens nur, So würde der Himmel mir raten; Nun muß ich sitzen so fein und klar, Gleich einem artigen Kinde, Und darf nur heimlich lösen mein Haar, Und lassen es flattern im Winde!
(Annette von Droste-Hülshoff)
Linda
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Thema: Re: Schaurig ... schön Mi 28 Jan 2009 - 19:55
Da träumt eine von Emanzipation
Mulan
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Thema: Re: Schaurig ... schön Mo 2 Feb 2009 - 15:54
Das Haus am schwarzem Moor
Das ist das Haus am schwarzem Moor![center] Wer dort im letzten Winter fror, Der friert dort nicht in diesem Jahr- Er sank schon längst auf die Totenbahr.
Das ist das Haus am schwarzem Moor Das Haus wo der alte Jan erfror. Zur Tür gewandt das weiße Gesicht, starb er und wußte es selber nicht.
Er starb- Da kam,wie ein scheues Reh, Der Tag und hüpfte über den Schnee. "Guten Morgen,Jan! Guten Morgen, Jan!"- Der Jan keine Antwort geben kann.
Da erhuben die Glocken ihr hell Geläut, sie sangen und klangen und riefen so weit: "Guten Morgen,Jan,Guten Morgen,Jan!"- Der Jan keine Antwort geben kann.
Da kamen die Kinderaus der Stadt; "Wir alle wissen ,wie lieb er uns alle hat; Guten Morgen,Jan,Guten Morgen ,Jan!" Der Jan keine Antwort geben kann.
Tag,Glocken und Kinder er nicht verstund Da nahte die sonnige Mittagsstund, Da nahte ein armes Weib:"Mein Jan, Willst essen und trinken nicht alter Mann?"
Sieh, was ich brachte dir aus der Stadt Sollst froh nun werden und warm und satt!" Die Alte sah lange auf ihren Jan, Da fing sie bitter zu weinen an.
Da weinte sie an dem schwarzen Moor, Am Moor,wo der alte Jan erfror, Da weinte sie ihr brennend Weh Hinunter in den kalten Schnee.
(Georg Weerth)
Black-Dragon
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Thema: Re: Schaurig ... schön Sa 7 März 2009 - 10:50
Der Drache
Im schwarzen Wald, nicht weit von hier da lebt ein schreckliches Getier so garstig und schon ur-uralt in seiner Höhle, tief im Wald
Viel Ritter zogen schon dahin den Drachen töten, war ihr Sinn nun liegen sie so bleich und kalt in seiner Höhle, tief im Wald
Des Nachts sieht man den Feuerschein sich spiegelnd in dem schwarzen Stein die Furcht sie macht die Herzen kalt in dieser Höhle, tief im Wald
Auch ich wollt eines Tages gehn um nach dem Tiere dort zu sehn und fühlte mich um Jahre alt kurz vor der Höhle, tief im Wald
Es wurde grau im dunklen Tann das Untier fing zu Brüllen an es schaurig durch die Bäume hallt bei dieser Höhle tief im Wald
Der Boden bebt von seinem Tritt bin wie versteinert, geh keinen Schritt Die blanke Furcht und mir wird kalt an dieser Höhle, tief im Wald
Die Haare stehn, mein Aug erstarrt ich sehe ihn, fühl mich genarrt denn lachen muss ich darauf bald bei dieser Höhle, tief im Wald
3 Fuss hoch ist er, schaut mich an ein Humpen Met? du guter Mann Ein Drache ist´s und auch uralt lebt in der Höhle, tief im Wald
In meinem Kopf die Stimme spricht ich bin Drysier und tu Dir nichts der letzte der Drachen bin ich halt leb in der Höhle tief im Wald
Die Knochen sind nur blankes Holz zu schützen vor der Ritter Stolz so hab ich Ruh vor jeglicher Gewalt in meiner Höhle, tief im Wald.
Sass lang bei ihm im Feuerschein hört seine Mär, trank Drachenwein jedoch der Morgen graute ziehmlich bald an dieser Höhle, tief im Wald
Es lebt, so sag ich seitdem jedem hier im schwarz Gehölz ein garstig Tier so schrecklich und schon ur-uralt in seiner Höhle tief im Wald
LG Dragon
...von mir 07.03.2009
Compumouse Admin
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Thema: Re: Schaurig ... schön Sa 7 März 2009 - 11:21
Dragon
_________________ Liebe Grüße Compumouse
Babs
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Thema: Re: Schaurig ... schön Sa 7 März 2009 - 19:22
Ich kann auch dichten *ganzlautlach*
Ein Blümlein auf der Wiese stand zum Himmel sah es unverwand Dort flog ein Vogel , bunt und schön, so einen hatte es noch nie gesehn. Blümlein entbrannte in Liebe ganz doll, doch dann , es wahr so unheilvoll, der Vogel dieses Ungetier. er ließ was fallen...ganz einfach so und dieses kam aus seinem Po "Platsch" auf das Blümlein was da stand ganz verzückt am Wiesenrand
Und die Moral von der Geschicht : Arsch bleibt Arsch, ob bunt oder faltig und was da raus kommt stinkt gewaltig !
Compumouse Admin
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Thema: Re: Schaurig ... schön Sa 7 März 2009 - 19:24
Pruuuuuuuuuuuuuust
_________________ Liebe Grüße Compumouse
Babs
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Thema: Re: Schaurig ... schön Di 10 März 2009 - 20:48
Der Erlkönig
Wer reitet so spät durch Nacht und Wind? Zwei, die heiß aufeinander sind Sie streichelt ihn mit ihrem Arm er fühlt sich gut an, und so warm
Du, was verziehst du so stark Dein Gesicht? Oh, spürst Du meine Erregung nicht? Oh, doch, natürlich, ich bin auch bald reif Du bist so tief in mir, und unglaublich steif
Du lieber Schatz, ja mach es mir bis ich meinen ganzen Verstand verlier reite mich, gib mir die Sporen bis es rauscht in meinen Ohren
Mein Vater, mein Vater, hat immer gesagt daß es eine Frau von hinten sehr mag Sei ruhig und hör auf zu argumentieren ich möchte jetzt lieben und nicht diskutieren
Ich liebe Dich, mich reizt Deine schöne Gestalt Bin ich dir zu soft, geht's auch mit Gewalt Ja, mach nur, mach nur, nimm mich hart ran Sei mein Erlkönig, der mich befriedigen kann
Dem Jungen kommt es, er wird immer schneller die Augen so groß wie Suppenteller Dann, endlich passierts, sein Gesicht rot wie Glut Er kann nur noch fragen: "Und, war ich gut?"
Babs
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Thema: Re: Schaurig ... schön Di 31 März 2009 - 9:16
Morgens kann ich nicht essen, weil ich dich liebe. Mittags kann ich nichts essen, weil ich dich liebe. Abends kann ich nichts essen, weil ich dich liebe. Nachts kann ich nicht schlafen, weil ich Hunger habe
_________________ Auch aus Steinen, die in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen